Details: | BÜNDNIS 90 DIE GRÜNEN Herrn Michael Dette Senior-Blumenberg-Gang 1 30159 Hannover 15.06.2011 61.5/Bl Juni 2011
Wohnsituation in Linden-Nord, Linden-Mitte und Linden Süd
Sehr geehrter Herr Dette,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 15. Juni, in dem Sie um folgende Informationen über die drei Stadtteile Linden-Nord, Linden-Mitte und Linden Süd gebeten haben:
• Mögliche Veränderungen der Bevölkerungsstruktur in den letzten Jahren • Mögliche Zunahme von „Luxussanierungen“ • Möglicher Anstieg des Mietniveaus und damit einhergehende teilweise Verdrängung von alteingesessener Bevölkerung.
Folgende Indikatoren insbesondere aus der laufenden Wohnungsmarktbeobachtung wurden analysiert:
1. Bevölkerungsstruktur und -entwicklung 2. Arbeitslosigkeit und Transferleistungsempfänger 3. Ausgeübte Belegrechte 4. Zufriedenheit mit der Wohn- und Lebensqualität im Stadtteil 5. Wohnungsgrößen und Wohnflächen pro Einwohner 6. Wohnungsleerstand 7. Angebotsmietpreise
Insgesamt haben wir in unseren Analysen keine Hinweise auf Gentrifizierung feststellen können. In allen drei Stadtteilen sind allerdings die Anteile der ausländischen Bevölkerung seit 2005 deutlich stärker zurückgegangen, als dies im Stadtdurchschnitt der Fall war.
Jedoch gab es in Linden-Mitte und Linden-Süd einen Anstieg der Transferleistungsbeziehenden bei der ausländischen Bevölkerung. Im Folgenden möchten wir Ihnen die Ergebnisse zu den genannten Merkmalen erläutern. 1. Bevölkerungsstruktur und -entwicklung
Linden-Nord Die Einwohnerzahl Linden-Nords ist von Ende 2005 bis Ende 2010 um 2,1 % auf 16.080 Einwohnerinnen und Einwohner zurückgegangen (Landeshauptstadt gesamt: +0,9 %). Linden- Nord ist der Stadtteil Hannovers mit der höchsten Einwohnerdichte (168 Ew./ha), die nur von der Oststadt annähernd erreicht wird (159 Ew./ha). Schon die List an dritter Stelle weist nur 87 Ew./ha auf. Hinsichtlich der Altersstruktur sind alle drei Lindener Stadtteile durch eine im Vergleich zum Schnitt der Landeshauptstadt relativ junge Bevölkerung charakterisiert. Lediglich der Anteil der unter 18-Jährigen ist in Linden Nord geringer als in Hannover (13,3 % gegenüber 15,1 %); sowohl die Gruppe 18-29 Jahre als auch 30 bis 44 Jahre ist deutlich stärker besetzt. Die mittlere Altersgruppe 45-64 Jahre ist etwas schwächer besetzt, die ältesten Gruppen 65 bis 74 Jahre und ab 75 Jahre sind viel geringer besetzt als in Hannover. Der Ausländeranteil in Linden-Nord ist 2010 mit 18,9 % höher als im städtischen Schnitt von 14,1 %, gegenüber 2005 allerdings um 16,7 % und damit viel stärker gesunken als in der Landeshauptstadt (-5,7 %).
Linden-Mitte Die Einwohnerzahl des Stadtteils Linden-Mitte ist von 2005 bis 2010 um 2,5 % auf 11.843 Einwohnerinnen und Einwohner überdurchschnittlich gewachsen. Die Altersstruktur in Linden- Mitte ist als eher jung einzustufen und in den drei jüngeren Altersgruppen (0-17, 18-29, 30-44) stärker besetzt als die Landeshauptstadt. Der Anteil der 45-64-Jährigen entspricht ungefähr dem der Gesamtstadt, die beiden älteren Gruppen 65-74 und ab 75 Jahre sind dagegen deutlich geringer besetzt. Der Ausländeranteil in Linden-Mitte ist 2010 mit 16,1 % höher als im städtischen Schnitt, gegenüber 2005 allerdings um überdurchschnittliche 12,0 % gesunken.
Linden-Süd Die Einwohnerzahl des Stadtteils Linden-Süd ist von 2005 bis 2010 um 1,9 % auf 9.326 Einwohnerinnen und Einwohner leicht überdurchschnittlich gewachsen. Die Altersstruktur in Linden- Süd ist die jüngste der drei Lindener Stadtteile: alle drei jüngeren Altersgruppen (0-17, 18- 29, 30-44) sind deutlich stärker besetzt als in der Landeshauptstadt, alle drei älteren Gruppen (45-64, 65-74, ab 75 Jahre) sind dagegen deutlich geringer besetzt. Der Ausländeranteil in Linden-Süd ist weiterhin sehr hoch: 2010 war er mit 29,8 % doppelt so hoch wie in der Landeshauptstadt und wird nur im Stadtteil Hainholz knapp übertroffen. Gegenüber 2005 ist der Ausländeranteil an der Bevölkerung um 9,4 % gesunken und damit stärker als in der Landeshauptstadt (-5,7 %).
2. Arbeitslosigkeit und Transferleistungsempfänger Eine Verdrängung sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen kann – gemessen über die Entwicklung der Arbeitslosigkeit und die Transferleistungsquote – nicht beobachtet werden. Die drei Lindener Stadtteile sind durch überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit geprägt. Die Arbeitslosenquote liegt sowohl 2010 als auch im gesamten Zeitraum seit 2006 in allen drei Stadtteilen Lindens jeweils - zum Teil deutlich - über der gesamtstädtischen Arbeitslosenquote Hannovers. 2010 lag die Quote in Hannover bei 8,5 %, in Linden-Mitte leicht höher bei 9,2 %, gefolgt von Linden-Mitte mit 10,7 %. Die deutlich höchste Arbeitslosenquote gibt es in Linden- Süd mit 14,4 %. Im Zeitraum 2006 bis 2010 ist die Arbeitslosigkeit in der Gesamtstadt sowie in Linden-Nord und Linden-Süd kontinuierlich gesunken, während sie in Linden-Mitte bis 2008 sank und ab 2009 wieder leicht stieg. Insgesamt ist die Arbeitslosigkeit 2010 gegenüber 2006 in den drei Stadtteilen (etwas) weniger zurückgegangen als in der Gesamtstadt (-18,6 %): Linden-Nord minus 17,6 %, Linden-Mitte minus 18,1 %, in Linden Süd nur minus 14,8 %. Die Transferleistungsquote als Anteil von Empfängerinnen und Empfängern von Transferleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes an der Bevölkerung am Ort der Hauptwohnung ist in allen Lindener Stadtteilen überdurchschnittlich hoch. Die Transferleistungsquote lag in Hannover im Dezember 2009 bei 15,7 %. Nur Linden-Mitte weist mit 17,0 % eine vergleichbare Quote auf. Linden-Nord liegt höher (21,3 %), und die Quote in Linden-Süd ist mit 30,3 % sogar fast doppelt so hoch wie in der Stadt. Nimmt man 2006 als Vergleichsjahr, so ist immerhin die Zahl der Transferleistungsempfänger und die Quote in den drei Lindener Stadtteilen leicht zurückgegangen, während es in der Gesamtstadt einen leichten Anstieg gab.
Kinderarmut (Transferleistungsbezug bei Kindern und Jugendlichen) ist im selben Zeitraum von 2006 bis 2009 in allen drei Stadtteilen gesunken, in Linden-Nord und Linden-Süd sogar deutlich stärker als in der Gesamtstadt. Einen Anstieg bei den Transferleistungsbeziehenden gab es bei der ausländischen Bevölkerung (außer in Linden-Nord) sowie bei den Seniorinnen und Senioren im Alter von 60 Jahren und älter. Diese Entwicklung betrifft fast alle Stadtteile Hannovers, nicht nur Linden. Der Anstieg der älteren Transferleistungsbezieher war dabei in Linden-Mitte mit 7,2 % geringer als in der Gesamtstadt (17,5 %) und den beiden anderen Lindener Stadtteilen.
Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften insg. von Empfängerinnen und Empfängern von Transferleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist von 2006 bis 2008 in Linden-Nord und Linden-Süd in ähnlicher Weise zurückgegangen wie in der Gesamtstadt (-2,9 %), in Linden- Mitte war der Rückgang stärker (-9,8 %). Auch bei den Bedarfsgemeinschaften mit Kindern war die Entwicklung in Linden-Mitte relativ günstiger als in der Gesamtstadt und als in Linden- Nord und Linden-Süd, indem die Zunahme um 1,1 % vergleichsweise moderat war. Bei den Allein-Erziehenden-Bedarfsgemeinschaften gab es von 2006 bis 2008 einen Anstieg in der Gesamtstadt um 3,3 %, in Linden-Nord und Linden-Mitte dagegen eine Abnahme. In Linden- Süd dagegen war die Entwicklung mit einem Anstieg der Quote um 12,3 % deutlich schlechter.
3. Ausgeübte Belegrechte Die Landeshauptstadt vermittelt Belegrechtswohnungen an Menschen, die Schwierigkeiten haben, sich mit angemessenem Wohnraum zu versorgen. Trotz Maßnahmen zur Entflechtung in den vergangenen Jahren konzentrieren sich die Belegrechte nach wie vor auf einige Stadtteile wie Mittelfeld, Mühlenberg, Bornum, Vahrenheide und Sahlkamp, aber auch auf Linden- Süd und Linden-Nord. Im Vergleich zur Gesamtstadt 2010 (6,9 %) zeigt sich in den drei Lindener Stadtteilen eine Zweiteilung: Während es in Linden-Mitte einen deutlich geringeren Anteil gibt (3,4 %), ist er sowohl in Linden-Nord (12,7 %) als auch in Linden-Süd (14,6 %) deutlich höher als im städtischen Schnitt. Die Entwicklung der ausgeübten Belegrechte seit 2002 zeigt in der Gesamtstadt eine kontinuierliche Verringerung der Belegrechtsquote von damals 8,1 % auf 6,9 % 2010 (-1,2 Prozentpunkte). Dies entspricht stadtweit einer Abnahme um 14,8 %. In Linden-Mitte gab es einen starken Rückgang um 49,1 %, in Linden-Nord war er mit 18,2 % stärker als in Hannover gesamt, während in Linden-Süd der Anteil nur unterdurchschnittlich um 6,7 % zurückging.
4. Zufriedenheit mit der Wohn- und Lebensqualität im Stadtteil Die Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2008 zeigen folgendes Ergebnis zur Zufriedenheit der Bevölkerung: Im Durchschnitt der Stadt haben 77 % die Wohn- und Lebensqualität in ihrem Stadtteil als gut oder sehr gut bezeichnet. In Linden-Nord lag der Anteil mit 83 % höher, ebenso in Linden-Mitte mit 85 %. In Linden-Süd liegt der Anteil dagegen nur bei 54 %. Dabei ist der Anteil der Personen mit der Einschätzung „gut“ dem in den beiden anderen Stadtteilen vergleichbar, jedoch hat in Linden-Süd – anders als in Linden-Mitte und Linden-Nord – so gut wie niemand die Note „sehr gut“ vergeben.
5. Wohnungsgrößen und Wohnflächen pro Einwohner Hinsichtlich der Wohnungsgrößen und Wohnflächen pro Einwohner liegt Linden-Mitte ungefähr im städtischen Durchschnitt, Linden-Nord und Linden-Süd (etwas) darunter: Die Wohnfläche je Wohnung lag am 2009 in Linden-Mitte mit 75,0 m² ungefähr so hoch wie in der Stadt Hannover (74,3 m²); die durchschnittliche Wohnungsgröße in Linden-Süd (65,0 m²) und in Linden-Nord (62,8 m²) ist deutlich kleiner. Bezogen auf die Einwohnerzahl stehen in der Landeshauptstadt je Einwohner 42,2 m² Wohnfläche zur Verfügung. In Linden-Mitte sind es etwas mehr (44,3 m²), in Linden-Nord (39,7 m²) und Linden-Süd (37,2 m²) weniger als im Durchschnitt. Vergleicht man die Wohnfläche je Einwohner 2009 mit 2005, so hat in Linden-Nord wie in der Gesamtstadt die Wohnfläche je Einwohner leicht zugenommen, während sie in Linden- Süd und Linden-Mitte leicht gesunken ist.
6. Wohnungsleerstand Die Leerstandsquote und ihre Entwicklung in den drei Stadtteilen zeigt ein im Vergleich zur Gesamtstadt heterogenes Bild. Die Wohnungsleerstandsquote lag 2010 in der Stadt Hannover bei 2,4 %. In Linden-Nord war sie mit 1,9 % geringer, in Linden-Mitte (3,4 %) und insb. Linden-Süd (4,0 %) höher. Der Rückgang der Leerstandsquote 2010 gegenüber 2006 – dem Jahr mit der höchsten Quote seit 2001 in Hannover (3,6 %) – betrug ein Drittel (33,3 %). Auch in Linden-Süd ging die Leerstandsquote in dieser Größenordnung zurück. Während in Linden- Nord ein höherer Rückgang zu verzeichnen war, entwickelte sich die Leerstandsquote in Linden- Mitte weniger günstig, d. h. sie sank mit minus 17,1 % niedriger als im Durchschnitt.
7. Angebotsmietpreise Zur Beobachtung der Mietpreisentwicklung nutzt die Stadt Hannover die empirica- Preisdatenbank, die Wohnungsinserate der großen Internetplattformen ausliest. Hiermit wird die Entwicklung der im Beobachtungszeitraum stattfindenden Neuvermietungen abgebildet. Über die Bestandsmieten kann hier keine Aussage getroffen werden. Die Gesamtstadt Hannover weist im Beobachtungszeitraum 2010 eine Angebotsmiete bei Neuvermietung von 5,94 EUR/m² auf. Die drei Lindener Stadtteile bewegen sich ungefähr um diesen Durchschnittswert herum: Linden-Süd liegt mit 5,80 EUR/m² etwas darunter, Linden-Nord mit 6,00 EUR/m² und Linden-Mitte mit 6,10 EUR/m² etwas darüber. Die Angebotsmieten bei Neuvermietung streuen in den Stadtteilen von 4,72 EUR/m² in Marienwerder bis 7,93 EUR/m² in Isernhagen-Süd.
Die Steigerung der Angebotsmieten seit 2007 betrug in der Gesamtstadt 2,4 % bis 2010. Die Entwicklung in Linden-Mitte verlief leicht unterdurchschnittlich (+1,7 %), in Linden-Süd (+5,5 %) und Linden-Nord (+6,2 %) etwas über dem Durchschnitt. Damit liegen die drei Stadtteile eher im Mittelfeld der Stadtteile: Zwischen 2007 und 2010 entwickelten sich die Angebotsmieten bei Neuvermietung von +18,8 Prozent in Waldhausen bis -11,7 % in Anderten. Eine Aussage zu sogenannten „Luxussanierungen“ kann hier nicht getroffen werden. Es liegen hierzu keine systematischen Informationen vor. Eine auffällige Veränderung des Wohnungsangebotes und damit einhergehende Gentrifizierung mit Veränderung der Bevölkerungsstruktur kann in den drei Lindener Stadtteilen von uns nicht ausgemacht werden. Die Analyse zeigt, dass Linden-Süd strukturschwächer ist als Linden-Nord und Linden-Mitte. In der Anlage übergeben wir Ihnen gerne eine Zusammenstellung unserer Analysen in Tabellenform.
Mit freundlichen Grüßen Der Oberbürgermeister
In Vertretung (Bodemann) Stadtbaurat |