| Datum: | 17.05.05 | Titel: | Ihme-Zentrum: Offener Brief an den Oberbürgermeister von Monika Großmann, Verwaltungsbeirätin des Ihmezentrums
| Link: | | Details: | Offener Brief - Per Fax 168-45052
Herrn Oberbürgermeister Dr. Herbert Schmalstieg
Hannover, den 16.05.2005
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
aus unserem Gespräch, zu dem ich von Ihnen Ende vergangenen Jahres eingeladen wurde, hatte ich den Eindruck mitgenommen, dass sowohl Sie als auch Frau Boockhoff-Gries über das Ihmezentrum wie auch über das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) sehr gut informiert sind. Das gilt jedoch offenbar nicht für alle Ihre Mitarbeiter in den Ämtern der Stadt.
Ich bin betroffen über die Stellungnahme der Landeshauptstadt Hannover vom 28.04.2005 zu einer Anfrage im Bauausschuss:
„Der Investor versucht, die ihm gehörenden Gewerbeflächen einer Nutzung zuzuführen und entsprechend zu vermarkten. Aus diesem Grund lässt er das bisherige Konzept noch einmal überarbeiten. Der Investor verfügt neben der Mehrheit der (gewerblichen) Miteigentumsanteile auch über die Mehrheit der Stimmen, so dass eine Beteiligung der übrigen Eigentümer bzw. Mieter von seinem Willen abhängt.“
Es erzeugt Unsicherheit und erhebliche Sorgen bei den Wohnungseigentümern im Ihmezentrum, wenn Ihre Mitarbeiter sich auf der offiziellen Internet-Seite der Landeshauptstadt Hannover derartig äußern!
Das Ihmezentrum ist eine Wohnungs- und Teileigentümergemeinschaft, in der die Angelegenheiten der Eigentümer nach dem WEG, der im Grundbuch eingetragenen Teilungserklärung sowie den darauf fußenden Vereinbarungen der Gemeinschaftsordnung geregelt sind. Diese rechtlichen Grundlagen sind maßgebend für die rechtlichen Beziehungen der Eigentümer untereinander und die Möglichkeiten etwaiger Veränderungen. Keinesfalls aber ist „der Wille eines Einzelnen“ maßgebend, auch wenn dieser Mehrheitseigentümer ist!
Bei den neuen Plänen des Mehrheitseigentümers, die von ihm im Ihmezentrum bisher allerdings noch nicht vorgestellt wurden, soll nach inoffiziellen Informationen auch Eigentum genutzt werden, das ihm nicht gehört. Voraussetzung dafür wäre, dass verschiedene Eigentümer dem Mehrheitseigentümer ihr Sondereigentum verkaufen oder verpachten.
Weiterhin müssten vor einer Umsetzung von Plänen, die eine Nutzung von Gemeinschaftsflächen durch den Mehrheitseigentümer notwendig machen sollten, mit allen Einzeleigentümern umfangreiche Sondernutzungsrechte für das benötigte Gemeinschaftseigentum vereinbart werden. Das ist eigentumsrechtlich nur mit Einverständnis aller Betroffenen und entsprechenden Eintragungen im Grundbuch möglich. Besitzer von dinglichen Rechten (z. B. die Kreditgeber der übrigen Eigentümer) müssen solchen Regelungen zustimmen.
Das ist ein sehr umfangreiches und schwieriges Vorhaben, da es 998 Grundbücher gibt, deren Besitzer (jeder einzelne!) zustimmen müssen. Dem Mehrheitseigentümer sind nur etwa 120 dieser 998 Grundbücher zuzuordnen. Das Wichtigste bei einer solchen Absicht des Mehrheitseigentümers wäre es, wenn er im Vorfeld seiner Umsetzungsbemühungen vertrauensbildende Maßnahmen ergriffe, um die Kooperationsbereitschaft jedes einzelnen Miteigentümers zu erreichen. Genau dabei verhält sich der Mehrheitseigentümer aber völlig kontraproduktiv.
Für die Ende Juni geplante Eigentümerversammlung werden von ihm und seinen Anwälten Beschlussanträge vorbereitet, die beispielsweise die Kostentragung der Bewirtschaftungskosten rückwirkend bis ins Jahr 2003 von ihm weg zu Lasten der Wohnungseigentümer nachträglich verschieben sollen.
So etwas ist nach geltendem Recht zwar überhaupt nicht möglich, muss aber nach dem Erreichen der entsprechenden Mehrheitsbeschlüsse auf einer Eigentümerversammlung (was für einen Mehrheitseigentümer nicht schwierig ist), zur rechtswirksamen Erklärung der Ungültigkeit des Beschlusses von betroffenen Eigentümern erst einmal gerichtlich angefochten werden. So etwas verbessert nicht die Basis für eine konstruktive Zusammenarbeit.
Weiterhin plant der Mehrheitseigentümer in dieser Eigentümerversammlung die Abwahl des derzeitigen Verwalters zum Jahresende zu beschließen. Es besteht bei vielen Wohnungseigentümern die Befürchtung, dass der Mehrheitseigentümer mit seiner Stimmenmehrheit einen ihm willfährigen Verwalter bestellen will.
Das alles hat schon jetzt dazu geführt, dass auf allen 9 kleinen Eigentümerversammlungen, die im Juni der Hauptversammlung vorangehen, einige Beschlüsse zum Schutz der Wohnungseigentümer, wie etwa der erschwerte Zugriff des Verwalters auf die Rücklagen der Wohnungseigentümer, gefasst werden sollen.
In den vergangenen fünf Jahren waren die Wohnungseigentümer gegenüber allen Visionen des Mehrheitseigentümers aufgeschlossen und haben dabei den zunehmenden Verfall des Gewerbebereichs und der Ladenpassage des Ihmezentrums und den damit verbunden Wertverlust ihrer Wohnungen in der Hoffnung auf eine Revitalisierung ertragen. Ich bin immer noch davon überzeugt, dass die Wohnungseigentümer auch in Zukunft Revitalisierungsabsichten und Umbaupläne, die auf ihre berechtigten Interessen Rücksicht nehmen, konstruktiv unterstützen werden.
Nachdem der Mehrheitseigentümer inzwischen aber auch mit allen Mitteln gegen die Entscheidung des Gerichts vorgeht, die vom Gewerbe seit Jahren ausgesetzte Zuführung zur Instandhaltungsrücklage wieder aufzunehmen und das trotz erheblicher Bedenken der anderen Miteigentümer im Gewerbe (zu denen u. a. die Landeshauptstadt Hannover sowie die Norddeutsche Landesbank gehören), wächst das Misstrauen der Wohnungseigentümer in Bezug auf die Ernsthaftigkeit seiner Absichten.
Von einigen Wohnungseigentümern ist bereits die Befürchtung zu hören, dass die Unternehmensgruppe Engel gar nicht wirklich eine Revitalisierung plant, sondern – unter Inkaufnahme des Verfalls des Objekts - nur noch Geld aus dem Ihmezentrum ziehen will.
Es wäre für alle Wohnungseigentümer des Ihmezentrums beruhigend, wenn von Seiten der Stadt deutlich gemacht würde, dass es im Ihmezentrum nicht nach dem Willen eines Mehrheitseigentümers, sondern nach geltendem Recht geht, an das sich auch dieser zu halten hat.
Freundliche Grüße
Monika Großmann
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