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Datum:29.01.04
Titel:Netzeitung v. 29.01.2004: Clement will Arbeitslose zu Suchenden machen
Link:www.netzeitung.de/deutschland/270873.html
Details:Clement will Arbeitslose zu Suchenden machen

29. Jan 07:56

Auf einer Veranstaltung hat Bundesarbeitsminister Clement seinen britischen Amtskollegen Browne getroffen. Clement sah es als eine Lehrstunde: Die britische Bekämpfung der Arbeitslosigkeit findet er ideal.


Von Jan Dörner
Bei Diskussionen und Interviews erzählt Bundesarbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) oft, dass in Großbritannien Arbeitslose «Jobseeker», also Arbeitssuchende heißen, und gar nicht Arbeitslose. Das tut er nicht, weil ihm nichts anderes einfällt, sondern weil es ihm gefällt.


«Da müssen wir auch hin», sagt Clement auf einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin mit dem Titel «Arbeit schaffen und Arbeitslosigkeit schneller beenden. Reformprozesse in Großbritannien und Deutschland». Die Mentalität müsse sich ändern. Den britischen Umgang mit der Arbeitslosigkeit nennt er vorbildlich.



Positive Kurven

Der britische Staatsminister für Arbeit, Des Browne, ist angereist und erklärt Statistiken an der Wand. Bei jeder Grafik steht Großbritannien gut dar, die Kurven bewegen sich immer positiv. Je nach Statistik von oben nach unten oder umgekehrt. Bei Deutschland ist es meist anders herum. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre ist in Großbritannien die Arbeitslosigkeit von zehn auf fünf Prozent gesunken. Das Königreich hatte im Jahr 2002 die höchste Beschäftigungsquote und die niedrigste Arbeitslosenquote innerhalb der G7.

Die Beschäftigung im erwerbsfähigen Alter hat fast die 75 Prozent Marke erreicht, die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist drastisch gesunken und macht noch nicht einmal ein Viertel aller Arbeitslosen aus. In Deutschland ist es fast die Hälfte. «Wir haben den besten Arbeitsmarkt der Welt», sagt Brownes. «Ich bin stolz, dass wir ein Vorbild sind.»

«Wer nicht sucht, findet nicht»

Browne erläutert, wie in Großbritannien mit den Arbeitssuchenden umgegangen wird. In «Job Plus Centren» werden sie unterstützt. Auf 50 Arbeitslose kommt ein Bearbeiter. Alle zwei Wochen werden Gespräche über die Fortschritte ihrer Suche geführt. Suchen die Jobsuchenden nicht wirklich nach Arbeit, wird ihnen die Unterstützung gestrichen. «Denn wer nicht nach Arbeit sucht, findet keine», sagt Browne. «Er stolpert höchstens zufällig über einen Job – aber das habe ich noch nie erlebt.»

Aus- und Weiterbildungen sollen dafür sorgen, dass Jobs angenommen werden können, für die vorher die Qualifikationen fehlten. Ziel sei es, alle wieder schnell zu vermitteln, erläutert der Minister. Niemand solle sich vom Arbeitsmarkt entfernen und in die Langzeitarbeitslosigkeit abrutschen. Die Jobsuchenden müssten also flexibler werden, sagt Brownes. Im Gegenzug wolle der Staat stabile Rahmenbedingungen für Unternehmer schaffen.



«Computer mit Touch-Screens»

Während des Vortrages hat Clement nicht auf die Grafiken hinter sich gesehen. Vermutlich kann er die Zahlen auswendig und die Kurven im Schlaf aufzeichnen. Erst als Browne ein Foto von einem seiner modernen «Job Plus»-Agenturen zeigt, dreht Clement sich um. «Da gibt es Computer mit Touch-Screens, an denen man sich informieren kann», sagt Browne. Clement guckt ein bißchen neidisch.

«Ich war in so einer Agentur in London», erzählt Clement. «Da werden die Jobs von den Jobseekern wirklich gesucht. Die andere Atmosphäre merkt man sofort, wenn man rein kommt.» Da sei etwas ganz anderes als die deutschen Arbeitsämter. «Wenn wir die Mentalität bei den Suchern und den Vermittlern ändern, können wir schon dadurch die Arbeitslosenquote um 15 Prozent senken», sagt Clement. Und das sei nur eine vorsichtige Schätzung.



Clement fordert britischen Pragmatismus

Mit britischem Pragmatismus wolle er das erreichen, sagt Clement. Der Dienstleistungscharakter müsse her. Vor der Reform der Arbeitsämter habe sich ein Bearbeiter um 800 Arbeitslose gekümmert. Inzwischen seien es 350, am Ende solle es ein Verhältnis von eins zu 75 geben.

Aber auch die Arbeitslosen müssen sich umgewöhnen. In den Hartz-Gesetzen zur Arbeitsmarktreform ist bereits festgelegt, dass man sich innerhalb von drei Monaten arbeitslos melden muss und angebotene Jobs auch genommen werden müssen. Sonst werden die Bezüge gekürzt. Langzeitarbeitslosigkeit will auch Clement vermeiden: Wer nach zwölf Monaten keinen Job hat, bekommt nur noch staatliche Unterstützung in Höhe der Sozialhilfe.

Eine Arbeit anzunehmen, beziehungsweise zu suchen, soll so attraktiver sein, als es zu lassen. «Noch ist dies eine Lehrveranstaltung für uns», sagt Clement. Aber bereits in zwei Jahren sollen die Reformen auch in Deutschland gegriffen haben, hofft der Bundesminister. Und dann wolle man Erfahrungen auf der gleichen Höhe austauschen. Darüber, wie die Leute ohne Arbeit am schnellsten zu Jobseekern werden.

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