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Datum:22.11.16
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Linden-Nord: Ehemalige Bewohnerin über die Gründe ihres Wegzuges

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Details:Als ich vor fünfzehn Jahren während meiner Ausbildung eine günstige, kleine Wohnung suchte, wurde ich in Linden-Nord fündig. Die Nachbarn waren freundlich und das Stadtteilleben angenehm. Doch schon damals wusste man, dass man bestimmte Ecken in Linden (insbesondere nachts) als Frau am besten mied. Vor allem um das Ihme-Zentrum machte ich schon damals einen Bogen.

Mit den Jahren wurde mir klar, dass mein Bedürfnis nach Ruhe und Erholung am Wochenende und ausreichend Schlaf in der Nacht von immer weniger Bewohnern und Besuchern geteilt wurde. Das Viertel transformierte sich zur hippen Partymeile mit den üblichen, hässlichen Begleiterscheinungen: Nächtliche Ruhestörungen, Lärm, Alkoholleichen, Sonntagmorgendliches Erbrochenes im Hauseingang, Urin, Müll und Hundekot.

Diese Entwicklung zog sich über Jahre hin und endete im Phänomen des „Limmerns“, also das öffentliche, besonders gehypte Dauerbesäufnis von Freitag bis Sonntagmorgen auf der Limmerstraße, was für viele Anwohner, die zur tatsächlich arbeitenden Bevölkerung gehören, zum permanenten Ärgernis wurde. Lange Zeit dachte ich, dass die charmanten Eigenheiten des Stadtteils Vieles aufwiegen würden, musste jedoch irgendwann einsehen, dass sich meine Wahlheimat tendenziell eher nach unten als nach oben entwickeln würde. Nach dem zweiten Einbruchsversuch in unserem Haus und der zunehmenden Kriminalität entschloss ich mich dann endgültig in eine ruhigere Wohngegend umzuziehen.

Die Frage ist, warum man bei anderen Stadtteilen in Hannover deutlich von „sozialen Brennpunkten“ spricht und die gleichen Phänomene in Linden mit „Leichtigkeit“, „Alternativer Kultur“ oder „Szenekiez“ übersetzt werden.
Das liegt aus meiner Sicht an der linksorientierten Gruppe, die dort schon seit Jahrzehnten den Ton angibt. Die Heroisierung von Verbrechen und Verbrechern ist in der autonomen Bewegung tief verwurzelt. Von jeher waren ihre Intellektuellen fasziniert von Gewalt.

Ordnungswidrigkeiten und minderschwere Straftaten werden von ihnen als legitime Rebellion gegen das bürgerliche „Scheiss-System“ betrachtet. Wer etwas besitzt, hat es grundsätzlich auch nur irgendjemandem vorher weggenommen. Diebstahl als sozial gerechte Umverteilung a la Robin Hood. Wer auf Recht, Ordnung und Einhaltung des bürgerlichen Grundkonsens eines friedlichen Zusammenlebens besteht, ist mindestens ein Spießer, doch viel eher noch ein Nazi. Aufgrund des traditionellen Konsums von Betäubungsmitteln der Alt-68er erscheint ihnen der schwunghafte Drogenhandel auf Lindens Grünflächen auch nicht wirklich als Problem, sondern quasi-revolutionären Akt. Wenn die Abscheulichkeit der Straftat wie bei den Überfällen auf Frauen nicht mehr umzuinterpretieren ist, werden diese konsequent totgeschwiegen oder kleingeredet.

Lärm, Ruhestörung und Sachbeschädigung sind aber kein Ausdruck individuellen Freiheitskampfes und Mutes, sondern das Tyrannisieren der Rücksichtsvollen durch die Rücksichtlosen. Im Verbrechen vergehen sich die Gewalttätigen an den Schwachen. Wenn die in Linden herrschende Clique ihre Strategie des Leugnens und des Selbstbetruges nicht aufgibt, wird sie nicht die Gentrifizierung, sondern die Ghettoisierung erleben.

Johanna Schmidt
16.11.2016

Siehe auch Spezial: Gentrifizierung oder was?

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Details2:Linden-Nord vom Ihme-Zentrum aus gesehen.
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