Suche
 Alles  Suchen  Auswahl  Detail  Anmelden 

Datum:04.01.17
Titel:

Heute Morgen ging es eher beiläufig ums Ihme-Zentrum - ein Kommentar

Link: 
Details:Es ist nämlich durchaus nicht so, dass man da nicht sehr gerne wohnen könnte. Die Wohnungen sind teilweise toll, die Fensterausblicke nicht minder.

Aber leider hat das Ihme-Zentrum einen schlechten Ruf (mittlerweile wieder etwas besseren als vor einiger Zeit).
Das Renommeedesaster hatte mehrere objektiv eher unbegründete Ursachen, die leider eine ganze Abwärtsspirale in Gang setzten, so dass Ursache und Auswirkung kaum noch zu trennen waren:

Dazu gehören die soziale Schicht des Mieterklientels, fehlende Käufer für die damals noch ansässigen Geschäfte (da gab es mal Huma, Saturn, Schuh- und Bekleidungsläden, Modellbau, etc.), die Abwanderung dieser Geschäfte, Leerstand, Verwaisung der Ladenpassage, nach einiger Zeit bei letztendlich allen Bauwerken erforderlicher Sanierungsbedarf, der hier wohl aus Gründen der alleinigen Profitsucht, allenfalls halbherzig, unqualifiziert und lustlos angegangen wurde mit der fatalen Folge, dass geradezu eine Bauruine verbunden mit einem lokalen finanziellen Desaster hinterlassen wurde.
Logisch, dass damit die Abwärtsspirale, insbesondere auch hinsichtlich des Nimbus, nur noch weiter beschleunigt wurde.

Dabei hatte das Ihme-Zentrum eine berechtigte epochale, wenn nicht sogar architektur-revolutionäre Bedeutung - und zwar deutschlandweit.
Die Wohnungen waren damals schon (1973) sehr teuer. Und die architektonische Bedeutung rührte keineswegs aus der Betonbauweise her, denn das war schon seit langem bekannt und Stand moderner Bautechnik seit Beginn des 20.ten Jahrhunderts.

Das besondere liegt im agglutinierenden Baustil (siehe Anmerkung unten) und der äußeren Verwirklichung eines inneren Konzeptes einer sozialen und interessengerichteten (also z.B. Konsument und Ladengeschäft) Integration.
Diese äußere Verwirklichung in Form eines besonderen Agglomerates war die eigentliche städtebauliche "Revolution". Es ist dieses Besondere, was für uns Altstädte so lebenswert und oft (z.B. im Urlaub) touristisch interessant macht.

Doch jetzt:
Wer durch die Ihmepassage geht, findet sich an einem verwaisten Geisterplatz, der wenig Optimismus, sondern allenfalls Beklommenheit auslöst.

Das war einmal ganz anders.
Und dass es jetzt anders ist, liegt nicht zuletzt daran, dass das Ihme-Zentrum regelrecht schlecht gemacht wurde:
Von anonymer, kalter, klotziger, abweisender und (mittlerweile) verkommener Hochhausarchitektur mit Bewohnern von teilweise zweifelhaftem Ruf, etc., etc. ist da die Rede, ein Schandfleck just neben einem von Hannovers architektonisch schönsten Stadtteilen.
Hier in der Altstadt Lindens finden wir aber eben auch das agglutinierte und daher durchaus auch touristisch interessante, aber hier aus der Bauzeit von 1900... vor.

Natürlich erinnert sich von derartigen "Meinungsbildnern<" keiner mehr, wie Linden wirklich war: sehr schlechte Luft, prekäre soziale Zustände, später erheblicher praktisch stadtteilweiter Sanierungsbedarf, etc.
Ich persönlich sehe da deutliche Parallelen zwischen Ihme-Zentrum heute und Stadtteil früher.

Und schade eigentlich: die Brücke zwischen beidem wurde 2008 abgerissen:
Auch ein symbolischer Akt geradezu, dass eben Linden nichts mehr mit dem Ihme-Zentrum zu tun haben wollte und will.
Keine Bürgerinitiative, keine Unterschriftensammlung machte sich 2008 stark gegen den Brückenabriss.

Unterdessen ist der Brückenabriss natürlich ein wichtiger Mitgrund für ein noch mehr verwaisendes und noch mehr verfallendes Ihme-Zentrum.

Leider war das damals sehr - auch unter finanziellen Gesichtspunkten - kurzsichtig gedacht.
Und leider denkt man auch heute wieder sehr kurzsichtig, wenn die Politik mit Abriss droht.

autor: habuli
Letzte Änderung: 07.01.2017

Anmerkung des Autors:

Unter agglutinierender Bautechnik versteht man, wenn Gebäude durch ihre Außenwände direkt miteinander verbunden (gewissermaßen "verklebt") sind, z.B. die Medinas in Marokko, aber auch Reihenhaussiedlungen bei uns.

In der Baustilkunde ist der Begriff agglutinierend umfassender, da zusätzlich dazu kommt, dass das Agglomerat von Gebäuden ("die Formebene") grundlegende funktionale Lebensbereiche wie Wohn-, Arbeits- und Aufenthaltsbereiche ("also die Funktionsebene") und auch Abstellbereiche (dazu gehören z.B. auch Müllsammelstellen, Garagen, etc.) in einem bautechnisch agglutinierten Ensemble untergebracht sind, das mit im allgemeinen unterschiedlich geformten Gebäuden ausgeführt ist.


Datei:
Details2: 
Datei2:
Details3: 
Datei3:
Details4: 
Datei4:
Details5: 
Datei5:
Details6: 
cod: 
Sicherheit: 
LiLi:Ja
Li:Ja
PraeRaLiLi: 
Volkslauf: 
Gewerbe: 
GewerbeLimmer: 
Wahl: 
BzR: 
SaLi: 
SuedstadtBult: 
SuedstadtBultGewerbe: 
SuedstadtBultSicherheit: 
Verbergen: