Suche
 Alles  Suchen  Auswahl  Detail  Anmelden 

Datum:20.11.15
Titel:

Heute ab 10:15 Uhr Stolpersteinverlegung für Familie Sock in der Minister-Stüve-Str. 4

Link:www.lebensraum-linden.de
Details:Stolpersteinverlegung am 20.11.2015

In Hannover-Linden vor dem Haus Minister-Stüve-Str. 4 für Apotheker Adolf Sock, Ehefrau Gertrud (Trude) Sock, sowie die beiden Kinder Marianne und Hans Sock, ist die Verlegung am Freitag, den 20.11.2015, von ca. 10:15 Uhr bis 10:35 Uhr geplant.
--
Der Apotheker Adolf Sock (*26. März 1884) und seine Ehefrau Gertrud, geb. Wegner (* 12. Dezember 1893), stammten beide aus der Stadt Zerkow im Südosten der preußischen Provinz Posen. Die Region gehört heute zu Polen. Die Kinder Marianne (* 23. Januar 1921) und Hans (* 21. Juli 1925) wurden beide in Hannover geboren. Als Gertrud Sock mit dem zweiten Kind hochschwanger war, zog die Familie Anfang Juli 1925 in die Minister-Stüve-Straße Nr. 4.

So wie andere jüdische Geschäftsleute auch, deren Schicksal wir im Rahmen dieser Tour dokumentieren, ist Adolf Sock mit seiner 'Central-Drogerie' in der antisemitischen Liste "Juden in Hannover" aufgeführt, die 1935 von Heinz Siegmann herausgegeben wurde. Was sich hier zunächst als Denunziation und Boykott jüdischer Geschäfte andeutete, fand am 9./10. November 1938 in der Reichspogromnacht seine gewaltsame Fortsetzung. Das Geschäft in der Steintorstraße Nr. 22 wurde schwer beschädigt, die Waren abtransportiert und bei der Nationalsozialistischen Volksfürsorge (NSV) eingelagert. Adolf Sock wurde in sog. "Schutzhaft" genommen und zeitweilig in das hannoversche Polizeigefängnis eingeliefert. Mit der "Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben", die am 23. November 1938 - zwei Wochen nach der Pogromnacht - erlassen wurde, war ihm jede Aussicht genommen, die Drogerie weiterführen zu können. Adolf Sock musste sein Geschäft auflösen.

Noch im Dezember 1938 bemühte er sich um eine Auswanderung mit seiner Familie nach Uruguay in Südamerika. Das erwies sich jedoch in mehrfacher Hinsicht als schwierig. Die deutschen Behörden bestanden darauf, dass Adolf Sock zunächst seine Geschäftsschulden in Höhe von rund 2.300 RM begleichen müsse. Die waren als unmittelbare Folge der Zerstörung, Plünderung und Auflösung der Drogerie in der Steintorstraße entstanden. Adolf Sock wurde genötigt, das Einsetzen einer neuen Schaufensterscheibe selbst zu bezahlen; und er war seinen Lieferanten das Geld für Waren schuldig, die ihm in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 geraubt und zur NSV abtransportiert worden waren.

Aus nahe liegenden Gründen waren direkte Verhandlungen mit der NSV auf eine Herausgabe des Warenlagers nicht möglich. Deshalb wurde als Vermittler die Fachgruppe 'Gesundheits- und Körperpflege, chemische, optische und chirurgische Artikel' der 'Wirtschaftsgruppe Einzelhandel' eingeschaltet - auf wessen Initiative, ist aus den archivierten Akten (siehe Quellenverzeichnis) nicht ersichtlich. Die zuständige Bezirksfachgruppe hatte ihren Sitz in Limmer in der Wunstorfer Straße Nr. 23. Ihr Leiter war Ludwig Saller, der sich im Schriftverkehr mit dem Oberfinanzpräsidium Hannover als "Pg." (Parteigenosse), also als NSDAP-Mitglied namentlich kennzeichnete. In einem Protokoll zur "Schätzung und Freigabe des bei [der] NSV sichergestellten Warenlager[s] des Adolf Israel Sock vom 27.3.1939" wird der Warenwert mit 212 RM angegeben. Bei dem Termin waren anwesend:

- der Bezirksfachgruppenleiter der 'Wirtschaftsgruppe Einzelhandel' Ludwig Saller,
- der Sachverständige der Industrie- und Handelskammer (IHK) Hannover Hermann Haase - im Übrigen ebenfalls "Pg." - als Taxator,
- der Fachdrogist Arnold Kord-Lütgert als Protokollführer,
- der Vertreter der NSV Walter Menke,
- Adolf Sock als ehemaliger Geschäftsinhaber.

Das Protokoll wurde von allen Anwesenden unterzeichnet - außer von Adolf Sock. Letzterer teilte dem Oberfinanzpräsidium Hannover am 6. April 1939 mit, dass die NSV das Warenlager für 200 RM übernommen habe.

Um die noch verbliebenen Geschäftsschulden zu tilgen und gleichzeitig die Auswanderung aus Deutschland zu finanzieren, setzte Adolf Sock auch den Rückkaufwert seiner Lebensversicherung in Höhe von 1.685 RM ein. Zusätzlich nahm seine Ehefrau Gertrud eine private Hypothek bei der Witwe Ottilie Breslauer auf. Inzwischen drängte die Zeit, denn die Wohnung in der Minister-Stüve-Straße Nr. 4 war zum 1. März 1939 gekündigt. Die Genehmigung zur Auswanderung verzögerte sich aber weiter, und so musste die Familie Sock übergangsweise in der Königstraße Nr. 5 (Hannover-Mitte) Quartier nehmen.

Am 12. April 1939 siedelten die beiden Kinder nach Ahlem über, das damals noch nicht zur Stadt, sondern zum Kreis Hannover gehörte. Wahrscheinlich fanden sie dort in der Israelitischen Gartenbauschule Unterkunft, wo die 18-jährige Marianne bereits seit knapp zwei Monaten Haushaltungsschülerin war. Der 14-jährige Hans begann am 14. April als Gärtnereischüler mit der Ausbildung.

Ende Mai 1939 konnte die gesamte Familie Sock schließlich nach Belgien auswandern. Die Geschwister Marianne und Hans wurden am 23. Mai nach Antwerpen abgemeldet. Die Eltern Adolf und Gertrud Sock folgten am 31. Mai mit dem Ziel Brüssel.

Die Akten der deutschen Finanzbehörden wurden damit aber noch nicht geschlossen. Zum einen ermittelte die Devisen-Straf- und Rechtsabteilung des Oberfinanzpräsidiums Hannover in einer nicht näher benannten Angelegenheit gegen Adolf Sock. Es kann sich allerdings nicht um eine Sache von Bedeutung gehandelt haben, denn sonst wäre die Auswanderung nach Belgien Ende Mai 1939 unterbunden worden. Die Akte mit der Laufzeit "26.1. - 7.9.39" enthält nur zwei kleine Notizzettel und endet mit dem lapidaren Satz: "Der Jude Sock ist bereits ausgewandert."

Für Gertrud Sock hat das Oberfinanzpräsidium Hannover nach der Auswanderung noch eine neue Akte angelegt, als sich herausstellte, dass die privat aufgenommene Hypothek noch nicht oder zumindest nicht vollständig abgetragen worden war. Die Gläubigerin Ottilie Breslauer war zwar inzwischen verstorben; aber ihre Erben hatten die Hypothekenforderung an eine Frau in Berlin-Oberschönweide abgetreten, deren Anwalt 1939/40 der Sache von Berlin aus nachging. Das Oberfinanzpräsidium Hannover scheint der Angelegenheit kein großes Gewicht beigemessen zu haben. Zumindest liefert die archivierte Akte keine Hinweise darauf. Sie beinhaltet aber noch ein Schriftstück, das einen Anhaltspunkt für das weitere Schicksal der Familie Sock und ihr tragisches Ende liefert.

Am 22. April 1943 wandte sich der Militärverwaltungschef des (deutschen) Militärbefehlshabers in Belgien und Nordfrankreich mit einem Formularschreiben an das Oberfinanzpräsidium Hannover:

Betr.: Verfall des Vermögens von Juden zu Gunsten des Deutschen Reiches.
Bisheriger Berechtigter: Gertrude[,] Marianne et Hans Sock, Brüssel quai des Charbounages 74, früher Hannover Königstr. 5

In dem Schreiben der Militärverwaltung wird mitgeteilt, dass jetzt die 'Treuhandgesellschaft S.P.R.L.' in Brüssel für die "Verwaltung und Verwertung der dem Reich verfallenen Vermögenswerte" zuständig sei und angewiesen wurde, mit dem Oberfinanzpräsidium Hannover "Fühlung zu halten und zu gegebener Zeit Rechnung zu legen."

Das Schreiben lässt erahnen, dass die Familie Sock nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Belgien im Mai 1940 erneut der Verfolgung preisgegeben war und schließlich deportiert wurde.

Quelle: Lebensraum Linden
Datei:
Details2:Quelle des Fotos der Familie Sock: Yad Vashem

http://db.yadvashem.org/names/nameDetails.html?itemId=1090188&language=de#!prettyPhoto[gallery2]/1/



-----------------
Linktipp: siehe auch 900 Jahre Linden
Datei2:
Details3: 
Datei3:
Details4: 
Datei4:
Details5: 
Datei5:
Details6: 
cod: 
Sicherheit: 
LiLi:Ja
Li: 
PraeRaLiLi: 
Volkslauf: 
Gewerbe: 
GewerbeLimmer: 
Wahl: 
BzR: 
SaLi: 
SuedstadtBult: 
SuedstadtBultGewerbe: 
SuedstadtBultSicherheit: 
Verbergen: